Der Berliner Mietendeckel

Was sie zur Berliner Mietpreisbremse wissen müssen.

Das MietenWoG Bln ist das seit langem umstrittenste, die Immobilienwirtschaft betreffende Gesetz in Deutschland. Die etwas kryptische Abkürzung steht für „Gesetz zur Mietenbegrenzung im Wohnungswesen in Berlin“. Landläufig bekannt wurde das Gesetz unter der Bezeichnung „Mietendeckel“. Der vorliegende Beitrag soll anhand einer Reihe von Fragen und Antworten darüber aufklären, was sich hinter dem Gesetz im Detail verbirgt, wie es in der Praxis umgesetzt wird und welche Auswirkungen es auf den Immobilienmarkt in Berlin haben könnte.

Was bezweckt das Gesetz?

Sinn und Zweck des Berliner Mietendeckels ist die (temporäre) Beendigung von Mietpreiserhöhungen in der Hauptstadt. In den letzten Jahren lagen die Mietpreissteigerungen in fast allen Berliner Stadtbezirken deutlich über dem deutschen Bundesdurchschnitt. Vor diesem Hintergrund ist das Mieten einer Wohnung, vor allem in einer guten Lage, für viele Einwohner Berlins zu einem unerschwinglichen Luxus geworden. Die Regierung der Stadt Berlin hat deshalb beschlossen, weiteren Mietpreissteigerungen per Gesetz Einhalt zu gebieten und Wohnraum für eine breite Mehrheit der Bevölkerung bezahlbar zu halten.

Seit wann ist das Gesetz in Kraft?

Das Gesetz zur Mietenbegrenzung im Wohnungswesen in Berlin wurde am 30. Januar 2020 vom Berliner Abgeordnetenhaus beschlossen und trat am 23. Februar 2020 in Kraft.
Gilt das Gesetz für alle Mietwohnungen in Berlin?
Nein, es gibt einige Ausnahmen. Das MietenWoG gilt nicht für Wohnungen des öffentlich geförderten Wohnungsbaus (Sozialwohnungen), für Wohnungen mit Mietpreisbindungen, die mit Mitteln aus den öffentlichen Haushalten für Modernisierungen und Instandsetzungen gefördert wurden und für Wohnungen in Wohnheimen. Darüber hinaus sind auch Neubauwohnungen, die seit dem 1. Januar 2014 erstmals bezugsfertig wurden oder die aus ehemals dauerhaft unbewohnbarem und unbewohntem Wohnraum für Wohnzwecke wiederhergestellt wurden (z.B. Bauruinen) ausgenommen.
Gilt der Mietendeckel auch für die landeseigenen Wohnungsunternehmen und für Genossenschaften?
Ja, auch die landeseigenen Wohnungsunternehmen der Stadt Berlin und Wohnungsbaugenossenschaften müssen sich an die gesetzlichen Bestimmungen des MietenWoG halten. Von den sechs landeseigenen Wohnungsunternehmen haben jedoch einige kurzfristig Mieterhöhungen an ihre Mieter verschickt. Auch einige Genossenschaften haben kurz vor dem Inkrafttreten des Mietendeckels noch ihre Mieten erhöht.

Auf welche Miete bezieht sich der Mietendeckel?

Die gesetzlichen Bestimmungen des Mietendeckels beziehen sich auf die Nettokaltmiete, also auf die Miete ohne Betriebskosten sowie Kosten für Heizung und Warmwasser.

Zu welchem Zeitpunkt werden die Mieten gedeckelt?

Der Stichtag für das „Einfrieren“ der Mieten ist der 18. Juni 2019. Wer an diesem Tag und am 23. Februar 2020, dem Tag des Inkrafttretens des Gesetzes, in einer Wohnung wohnte, dessen Miete wird auf dem Stand des 18.06.2019 eingefroren. Wenn zwischen diesem Stichtag und dem Tag des Inkrafttretens des Gesetzes ein Mieterwechsel stattfand, wird die in diesem Zeitraum vereinbarte Miete eingefroren. In beiden Fällen ist es den Wohnungseigentümern per Gesetz verboten, eine höhere Miete zu verlangen.

Gilt das Gesetz auf für Staffel- oder Indexmieten?

Unabhängig davon, ob in einem Mietvertrag eine Staffel- oder Indexmiete vereinbart wurde, wird die Miete auf dem Stand des 18. Juni 2019 eingefroren.

Was passiert bei einer Neuvermietung einer Wohnung?

Wenn eine Wohnung ab dem 23. Februar 2020 neu vermietet wird, untersagt das Gesetz, eine höhere als die eingefrorene Miete zu verlangen. Liegt die eingefrorene Miete hingegen über der für den Wohnraum maßgeblichen Mietobergrenze gemäß der Mietentabelle, darf als Miete maximal die Mietobergrenze erhoben werden. Konkret bedeutet das, dass eine eingefrorene Miete auf die Mietobergrenze abgesenkt wird. In Bezug auf die maßgebliche Mietobergrenze sind jedoch gegebenenfalls Zuschläge für eine moderne Ausstattung und erfolgte Modernisierungen zu berücksichtigen.
Bei Wohnungen, deren vorherige Miete unter 5,02 EUR/m² lag, darf die Miete bei einer Neuvermietung um maximal einen Euro auf bis zu 5,02 EUR/m² angehoben werden. Voraussetzung für die Anhebung ist jedoch das Vorhandensein einer modernen Ausstattung. Diese liegt vor, wenn mehr als eines der folgenden Ausstattungsmerkmale vorhanden ist: Ein schwellenlos erreichbarer Aufzug, eine Einbauküche, eine hochwertige Sanitärausstattung, ein hochwertiger Bodenbelag in der Mehrzahl der Räume und ein Energieverbrauchskennwert von unter 120 kWh pro Quadratmeter und Jahr.

Wie hoch sind die Mietobergrenzen gemäß Mietentabelle?

Die Mietentabelle legt fest, wie hoch die Nettokaltmiete einer Wohnung bei einer Neuvermietung ab dem 23. Februar 2020 sein darf. Sie ist abhängig vom Alter und der Ausstattung der Wohnung. So liegt der Mietpreis pro Quadratmeter bei einer Wohnung mit Sammelheizung und Bad, die erstmals vor 1918 bezugsfertig wurde, bei 6,45 Euro. Bei einer Wohnung gleichen Alters mit Sammelheizung oder Bad liegt der Quadratmeter-Mietpreis bei 5,00 Euro. Und bei einer Wohnung gleichen Alters, die weder über eine Sammelheizung noch über ein Bad verfügt, ist ein Mietpreis gemäß Mietentabelle von 3,92 Euro vorgesehen.
Für Wohnungen jüngeren Baujahrs sieht die Mietentabelle höhere Mietpreise vor. So liegt der Mietpreis einer Wohnung, die zwischen 1991 und 2002 erstmalig bezugsfertig wurde, bei 8,13 Euro pro Quadratmeter. Und bei einer Wohnung, die in den Jahren 2003 bis 2013 bezugsfertig wurde, sind es 9,80 Euro pro Quadratmeter.

Welche Anpassungen der Mietobergrenzen gibt es?

Nach dem Gesetz zur Mietenbegrenzung sind drei Anpassungen der Mietentabelle vorgesehen: Modernisierung, Ausstattung und Wohnlage.
Bei der Modernisierung einer Wohnung kann sich die Mietobergrenze gemäß Mietentabelle um maximal einen Euro pro Quadratmeter erhöhen. Zu den erlaubten Modernisierungen zählen Maßnahmen zu denen der Vermieter aufgrund eines Gesetzes verpflichtet ist, zur Wärmedämmung des Mauerwerks, des Daches und der Geschossdecken, zur Nutzung regenerativer Energien, zur energetischen Erneuerung der Fenster, zum Austausch und zur Optimierung von Heizungsanlagen, zum Anbau von Aufzügen oder zum Abbau von Eintrittsbarrieren durch Beseitigung von Schwellen, Verbreiterung von Türen oder Umbau von Bädern.
Außerdem erhöht sich die Mietobergrenze für Wohnungen mit moderner Ausstattung um einen Euro pro Quadratmeter. Eine moderne Ausstattung ist gegeben, wenn mindestens drei der folgenden Ausstattungsmerkmale vorhanden sind: Ein schwellenlos erreichbarer Aufzug, eine Einbauküche, eine hochwertige Sanitärausstattung, ein hochwertiger Bodenbelag in der überwiegenden Zahl der Wohnräume und ein jährlicher Energieverbrauchskennwert von weniger als 120 kWh pro Quadratmeter.
Zudem ist für den Mietpreis einer Wohnung ein lageabhängiger Zuschlag- oder Abschlag vorgesehen. Für Wohnungen in einfacher Lage ist ein Abschlag von 0,28 Euro vom Mietpreis gemäß Mietentabelle vorgesehen. Für Wohnraum in mittlerer Wohnlage werden 0,09 Euro abgezogen und für Wohnungen in einer guter Wohnlage darf ein Zuschlag von 0,74 Euro berechnet werden. Die adressgenaue Lageeinordnung einer Wohnung kann in einem Straßenverzeichnis der Stadt Berlin eingesehen werden.
Bei einer Wohnung in einem Mehrfamilienhaus berechnet sich die Mietobergrenze somit aus der Summe des Mietpreises gemäß Mietentabelle, der etwaigen Erhöhung wegen Modernisierung (max. 1 Euro), der etwaigen Erhöhung für eine moderne Ausstattung (1 Euro) und dem wohnlageanhängigen Zu- oder Abschlag.

Wann und wie kann eine überhöhte Miete gesenkt werden?

Der Mietendeckel sieht ein Verbot überhöhter Mieten vor. Eine überhöhte Miete liegt vor, wenn der Mietpreis unter Berücksichtigung von Modernisierung, Ausstattung und Wohnlage 20 Prozent über der relevanten Mietobergrenze gemäß Mietentabelle liegt. Eine darüberliegende Miete darf nicht verlangt werden.
Die Berechnung einer überhöhten Miete soll an einem Beispiel illustriert werden: Angenommen sei ein Mietpreis (Nettokaltmiete) gemäß Mietvertrag in Höhe von 15 Euro pro Quadratmeter. Die Wohnung wurde im Jahre 2010 bezugsfertig. Sie besitzt eine moderne Ausstattung und liegt in einer guten Wohnlage.
Die Mietobergrenze für diese Wohnung setzt sich zusammen aus dem Mietpreis gemäß Mietentabelle (9,80 Euro pro Quadratmeter), einem Euro für die moderne Ausstattung und einem Zuschlag von 0,74 Euro für die gute Wohnlage. In Summe ergibt sich somit eine Mietobergrenze in Höhe von 11,54 Euro pro Quadratmeter.
Der Mietpreis gemäß Mietvertrag darf maximal 20 Prozent über der Mietobergrenze liegen (dies wären 13,85 Euro). Da die vertraglich festgelegte Miete darüber liegt, muss sie von Gesetzes wegen abgesenkt werden.
Die Einhaltung der Mietobergrenzen wird von der Berliner Senatsverwaltung für Wohnen und Stadtentwicklung überwacht. Die Senatsverwaltung kann deshalb von Amts wegen bei einem Verstoß gegen die Mietobergrenzen dagegen vorgehen. Selbstverständlich kann auch jeder Mieter selbst juristisch gegen eine zu hohe Miete vorgehen.

Wie erfährt man als Mieter die Berechnung der Mietobergrenze?

Ab dem 23. April 2020 (zwei Monate nach dem Inkrafttreten des Gesetzes am 23. Februar 2020) haben Vermieter die Pflicht, vor dem Abschließen eines neuen Mietvertrages Auskunft über die Berechnungsdetails der Mietobergrenze zu geben. Auf Verlagen der Mieter müssen Vermieter auch die maßgebliche Stichtagsmiete zum 18. Juni 2019 mitteilen.

Wie werden Verstöße gegen den Mietendeckel geahndet?

Wenn Vermieter gegen die Bestimmungen des Gesetzes zur Mietenbegrenzung verstoßen, droht ihnen die Feststellung einer Ordnungswidrigkeit, die mit einem Bußgeld von bis zu einer halben Million Euro geahndet werden kann.

Wie lange ist der Mietendeckel gültig?

Das Gesetz zur Mietenbegrenzung im Wohnungswesen in Berlin ist auf fünf Jahre befristet.

Gibt es rechtliche Bedenken gegen den Mietendeckel?

Kaum ein Landesgesetz in einem Bundesland Deutschlands ist juristisch so umstritten wie das Berliner Gesetz zur Mietenbegrenzung im Wohnungswesen. Die Hauptstreitfrage in Bezug auf den Mietendeckel ist, ob die rechtliche Kompetenz in einer derartigen Sachfrage bei den Ländern oder beim Bund liegt. Die Meinungen von Fachleuten gehen in dieser Frage auseinander. Während einige Experten den Vorrang des Landesgesetzes gegenüber dem Zivilrecht des BGB befürworten, sehen andere Experten darin einen Verstoß gegen Bundesrecht.
Der schnellste Weg zur Klärung der Frage der Zuständigkeit wäre ein Normenkontrollantrag von Abgeordneten des Bundestages beim Bundesverfassungsgericht. Bislang haben jedoch noch keine Abgeordneten einer Partei angekündigt, einen solchen Schritt zu unternehmen.
Wahrscheinlich ist somit eine Klärung der rechtlichen Zulässigkeit des Mietendeckels über Einzelfälle. Wenn ein Vermieter einen Mieter verklagt, weil dieser unter Berufung auf den Mietendeckel einer Mieterhöhung nicht zustimmt, könnte das Amtsgericht in erster Instanz prüfen, ob das Gesetz zur Mietenbegrenzung verfassungswidrig ist. Der Ball läge dann beim Berliner Landesverfassungsgericht. Ebenso könnte eine juristische Klärung dadurch zustande kommen, dass ein Vermieter wegen eines Verstoßes gegen die Mietobergrenze ein Bußgeld zahlen muss und daraufhin Klage erhebt. Experten gehen jedoch davon aus, dass die rechtliche Klärung der Zulässigkeit des Mietendeckels mehrere Jahre dauern wird.

Was sind die wirtschaftlichen Kritikpunkte am Mietendeckel?

Kritiker des Berliner Mietendeckels führen ins Feld, dass der Mietendeckel die Marktwirtschaft außer Kraft setze und somit Angebot und Nachfrage auf dem Immobilienmarkt der deutschen Hauptstadt nicht mehr über wirtschaftliche Kriterien ins Gleichgewicht gebracht werden können.
Das grundsätzliche Argument der Mietendeckel-Kritiker lautet, dass der Mietendeckel das Angebot an Wohnraum in Berlin langfristig reduzieren und folglich zu einer weiteren Verschärfung der Lage am Immobilienmarkt führen werde. Investoren und Wohnungseigentümer können, so die Kritiker des Gesetzes, auf Grundlage der erlaubten Mietobergrenzen keine attraktiven Renditen mehr mit Immobilien in Berlin erwirtschaften. Dies hat zur Folge, dass Investoren kein Geld mehr für neue Bauprojekte zur Verfügung stellen werden und Immobilienbesitzer immer weniger Geld in ihre Immobilien investieren und diese langfristig verfallen lassen.

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